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Kommst Du nach Niederbayern...

... vergiss den Tauchsieder nicht…

 

Kein Netz. Der Hinweis auf dem Smartphone ist eindeutig und ohne Interpretationsspielraum. Hier gibt es nichts zu hören, nichts zu sehen und nichts zu sagen. Ende aus. Unterwegs in einem besonderen und oft hochgepriesenen Teil des Landes, schleicht die mit Dieselmotor angetriebene Bahn durch ergrünende hügelige Landschaften. Die Märzsonne schickt ihren bleichen Schein, gepflegte Vorgärten säumen die Strecke, ebenso Häuser, die von Wohlstand zeugen, meist flankiert von zwei oder drei großen Exemplaren eines in der Region ansässigen Motorenwerkes. Ansonsten: abgeschnitten von der modernen Welt. Verlassen von der Welt hinter dem Umsteigebahnhof, der einem alten Westernfilm zur Ehre gereicht hätte. Abgeschnitten auch von den gegenüber sitzenden Mitreisenden – ungläubiges Staunen über die Sprache, den Dialekt, die Mundart, die sich so sehr entzieht wie Kisuaheli oder transsilvanisch. Wir sind unterwegs in Bayern, genauer gesagt in Niederbayern und fühlen uns wie Fremde. Herzlich sind sie ja, die Mitreisenden, nur, was wollen sie mir sagen? Ich verstehe sie nicht. 

Sie gibt Laute, die Bahn. Laut tönend kriecht sie an den Feldwegen vorbei und warnt mögliche Treckerfahrerinnen, Autofahrer, Raderinnen und Zufußgehende vor einem Konflikt mit dem roten Getüm auf den Schienen. Wenige Fahrgäste steigen zu, noch weniger steigen aus. Man fährt wohl weiter in die große Stadt. Der nächste Halt ist unser, der Bahnhof macht den Eindruck einer gelassenen Verwahrlosung. Im Innern noch mit alter Glorie protzend, mit analoger Technik aus Hebeln und Seilen und Schaltknöpfen, hat sich am äußeren Gebäude seit der verlorenen Schlacht von Landau offensichtlich der Zahn der Zeit genüßlich getan. Tristesse ist noch leicht untertrieben. Aber immerhin, der Zug hält und entlässt uns ins niederbayrische Wunderland. Mit Kartoffelzentrale, Gemüsefeldern, Fruchtplantagen. Und Freunden, auf die man sich freut, die man (fast) versteht, die Donauwellen kredenzen, von denen die Donau nur träumen kann.

Das Hotel: ist nah am Ausstiegsort gelegen und sehr griechisch. Also, griechisch, mit Restaurant und mit Ouzo zum Empfang und mit weiß-blauem Holzbalkon. Das warme Wasser für die Dusche am nächsten Morgen spart sich die griechische Hotellerie. Warum? Irgendetwas ist kaputt, vielleicht landestypisch griechisch? Kolorit? Ärgerlich nur, dass erst nach dem Abendessen von dem Manko erzählt wird. Da war es zu spät für Alternativen, die es sowieso nicht gegeben hätte – auch ohne warmes Duschwasser ist das "Korfu" die einzige buchbare Übernachtungsgelegenheit. Vielleicht hätte man einen Tauchsieder einstecken sollen? Für Notfälle, zum Haare waschen?

Frühstück – auch eine Fehlanzeige. Immerhin hat eine Bäckerei geöffnet. Und später gegen Mittag gesellt sich noch eine Konditorei zu den Sonntagsöffnenden Geschäften, Inhabergeführt, allerbeste Qualität, sechziger Jahre Interieur. Zum Verweilen und versonnen schleckern.

Oben strahlt die Sonntagssonne, die Bürgersteige sind gefegt, in den Vorgärten blühen die Blumen, doch dazwischen: Leerstand. Leere Geschäfte, verfallende Häuser mitten im Ort. Das ist überraschend und erinnert an Zustände im Osten der Republik. Bayern, wohin wandelst Du?

Doch das lokale Bier ist lecker, das Essen gut und reichlich, die Radwege sind ausgeschildert und machen Lust auf mehr Niederbayern. Trotz Diesellok und ohne Netz und ohne Sprachkurs. Einfach nur so. Weil’s schön ist. Und die Niederbayern selbst so herzlich herb und warm und gastfreundlich sind.

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