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Donauwellen und entschleunigte Züge

Es ist so, wie viele sich das wünschen: oben strahlt das Firmament in weiß-blau. Zwar sind dort oben keine Rauten zu sehen, aber kleine Wölkchen verzieren den März-Himmel. Immerhin, die Sonne lacht also hin und wieder. 

Hier unten zockelt die Dieselbahn gemütlich durch die kräftig-grüne hügelige Landschaft. Pünktlich vom Umsteigebahnhof in die niederbayrische Ebene gestartet, schleicht das Züglein vorbei an kleinen Orten. Schon beim flüchtigen vorbei fahren drängt sich der Eindruck auf, dass die hier lebenden Zeitgenossen wirtschaftlich eher auf der sonnigen Seite stehen dürften: schicke Häuser, große Bauernhöfe, viele Solaranlagen, mindestens ein, meistens mehrere Autos eines regionalansässigen Motorenwerkes vor oder neben dem Haus, gepflegte Vorgärten, es blüht allerorten. So soll es ein – im Land der Bayern.

Die Bahnstrecke dagegen scheint etwas vernachlässigt, in die Jahre gekommen. Die Bahnhofsgebäude meist verlassen, vom Vandalismus gekennzeichnet und zum Abriss verurteilt. Die Verbindungen nur stündlich und dann elendig langsam. Auch das ist das Land der Bayern. So kann man froh sein, die Freunde überhaupt ohne Auto besuchen zu können. 

Aber was macht das schon, wenn an so einem verlängerten Wochenende die Entschleunigung, von der so viele reden, quasi unterwegs schon erfahren werden kann? 

Aber was macht das schon, wenn man bei gemächlichem Tempo den Blick aus dem Zugfenster auf Einzelheiten in der Landschaft ruhen lassen kann, auf Wegkreuzen oder einzeln stehenden Bäumen und Kirchtürme gezählt werden können?     

Und was macht das schon, wenn am Ende Christas Donauwellen winken?

Das macht dann gar nichts, denn man will ja genießen: den Augenblick, die Fahrt, den Kuchen, das Wiedersehen, das Bier, die Landschaft. Und man will ja eintauchen in dieses andere, eigensinnige Teil der Republik. Eigensinnig und selbstbewusst. Wo sonst hebt sich die Sprache so heraus aus dem Hochdeutsch genannten Einerlei? Wo sonst legt man so viel Wert auf eigensinniges und eigenartiges als in Bayern – Niederbayern zumal? Aber das macht die bunte Republik ja gerade aus, dass jede Landschaft und ihre Bewohner/innen ihre Besonderheiten pflegen können. 

Und in die Freiheit der Eigenartigkeit fügen sich dann auch diejenigen ein, die aus anderen Teilen der Welt kommen und hier ihr Glück finden: das einzige Hotel am Ort hat weder fließend warmes Wasser noch ein Frühstück zu bieten…. Außer Ouzo war das nur so lala so…

Eigenartiges und reichlich Widersprüchliches zum offiziellen Selbstbild des Freistaates kann ein interessierter Betrachter auch beim Bummel durch das kleine Städtchen bemerken: hier reichlich Deko, herausgeputzte Landschaften und gefegte Bürgersteige und Blumen allenthalben, dort auffällig viele leerstehende Häuser und Geschäfte und Straßenecken, die verdammt an ostdeutsche Städtchen erinnern. Was ist los im Land der Bayern? 

Auf jeden Fall werden Herzlichkeit und Gastfreundschaft, werden Genuss und Lebensfreude groß geschrieben! Das ist auch nicht selbstverständlich. Und wenn man freundlich fragt, dann wird sich bemüht, sich auch dem nicht ganz so dialektfesten Gast verständlich zu machen. Das ist doch auch etwas. Dann schmecken Helles und Leberkäse nochmal so gut. Und das macht doch Lust auf mehr - mit dem Rad links und rechts der Donau herumzumaändern und auf ausgeschilderten Radwegen noch mehr Eigenheiten kennenzulernen. 

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