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Unterwegs zwischen Feldern, Grachten und Fietsen

Kevelaer? Klar, Kevelaer. Wer hat noch nicht davon gehört? Wer war noch nicht da??  Wallfahrtsort am Niederrhein. Kaum größer als ein Berliner Kiez, aber ein Selbstbewusstsein, dass das Kopfsteinpflaster sich geschlagen gibt und flach wie Holland wird. 

Nun gut, ein Städtchen mit Flair, schönen Geschäften und einer Konditorei im Schatten der Marienbasilika mit Kännchen draußen und Zitronenröllchen. Zum Niederknien. Und die Fähnchen hängen in gelb und weiß über der Einkaufsstraße, als ob sie von unserer Ankunft gewußt hätten und uns begrüßen wollen. Große Freude also, absteigen vom Rad, schlendern, schauen, Kleinigkeiten kaufen, den Nieselregen verfluchen und Kaffee ordern. 

Tag zwei unterwegs von Düsseldorf nach Apeldoorn, um mal bei den Holländern reinzugucken, was die alten Tulpenknicker so anstellen.

 

Der Weg schlängelt sich durch Heerdt, Niederdonk und Büderich, Osterrath und Fischeln nach Krefeld. Auf den ersten Kilometern noch regelmäßig begleitet durch das Dröhnen der Flugzeuge im Anflug auf den Airport DUS über uns, beruhigt sich der Verkehr zu Land und Luft. Die Weite weitet sich vor uns, der Niederrhein, unbekanntes Terrain, obwohl von Hans-Dieter Hüsch so oft beschrieben und besungen. 

Überraschungen: braune und weiße Kuschel-Lamas mit großen Augen und überhaupt nicht spuckend;  ausgeschilderte Radwege; eine Straßenbahn aus dem letzten Jahrhundert zwischen zwei Städten rumpelnd; ein "Haus Meer" ohne Meer; ein Boot mit Bug und ohne Heck. Dann: Krefeld, eine Stadt mit Vergangenheit als "Seidenstadt", aber ohne nennenswerte Gegenwart, eher schaudrig, nur zum Weiterfahren animierend. 

Ein paar Kilometer weiter ein entzückender alter Marktplatz, intakte kleine Straßen, lebendiges Miteinander. Hüls ist auch Teil dieser vorhin durchfahrenen Stadt, aber Lichtjahre entfernt. Sogar die Sonne läst sich blicken. Doch unser Tagespensum: 50 Kilometer. Ziel: Geldern. Vorbei am kleinen Ort Siebenhäuser - Kühe rechts, Kühe links, Maisfelder voraus;  über Aldekerk, Nieukerk und Kerken - Wiese rechts, Schafe, Wiese links, Kühe, Wiese voraus. Und fast an jeder Straßenecke eine Gärtnerei oder eine Baumschule. Windräder in der Ferne, Autobahnen kreuzen hin und wieder, stören aber nicht. 

Kühe muhen, Schafe blöken, der Wind bläst, der Regen nieselt, Geldern steigt aus der Ebene empor. Eine kleine beschauliche Innenstadt und eine Überraschung in Gestalt des Ratskellers. Freundliche kompetente Leute, hervorragendes Essen, gute Weine, das Dessert ein Traum. Großer Pluspunkt.

 

Weiter nach Kevelaer, Goch,  Kilometer um Kilometer, nur mal anhalten für nen Kaffee. Dann Kleve, Heimat von Joseph Beuys, und es ist, als hätte sich der alte Hasenhüter mit dieser seiner Heimatstadt einen seiner Scherze erlaubt und einen Berg hierhin geklatscht. Hinauf strampeln, hinunter verworrene Radwege, unentspannte Autofahrer - was soll so ein Berg hier am Niederrhein? 

 

Weiter Richtung Rhein. Den Deich in Sicht meint man, das Wasser riechen und Schiffe tuckern hören zu können, obwohl das Blödsinn ist. Zu weit entfernt. Erst direkt an der Grenze, gelbes Schild mit rotem Balken und direkt dahinter blauweißes Ortseingangsschild und Grenzübertritt in die Niederlande nach Millingen an de Rhijn: der Strom. Grau. Träge dahin fließend. Nix golden und Wein und so. Schade. Muss er irgendwo unterwegs verloren haben.

Weiter: hinüber über old river Rhein und eintauchen in die grünen niederländischen Niederungen zwischen Rheinarmen, Kanälen, Grachten, Radwegen, Kühen und, oh Überraschung: Zebras im Stall.  

Doernburg, Hooge Veluwe mit der Kröller-Müller-Sammlung, und unterwegs immer wieder auch überraschend und auffällig - die niederländische Architektur. Die Häuser sind, ob jung, ob alt, oft individuell, fast individualistisch. Sehr schön.

Nun, nur ein Katzensprung ist es zum Niederrhein und in die Niederlande - liegt direkt um die Ecke. Nix wie hin, es gibt viel zu entdecken. Nicht nur Genever.

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